QUEHENBERGER + KERN

13.02.2024

Quehenberger & Kern an der denkmalgeschützten MPS-Bar. Oktober 2023/Villingen. Foto: MPS-Studio

Die zwei Wahlwiener Philipp Quehenberger und Didi Kern waren schon länger auf der Wantlist des MPS-Studios. Improvisierte gewaltige Keyboards & sattes Schlagwerk, das ist doch mal eine ganz andere Idee der freien Musik.

Kern spielte in der angesagtesten Hardcore Band Österreichs: „Fuckhead“, improvisierte mit Peter Brötzmann oder bespielte ein Projekt mit Peter Weibel (Wiener Aktionismus / später ZKM Leitung).

“Ich für meinen Teil war nie Jazzer. Auch kein Free Jazzer, eher ein Bauern-Jazzer. Ich komm ja aus der Blasmusik und bin später total auf Punk und Hardcore abgefahren. In den 1990ern ist dann Techno dahergekommen. Wenn jemand also Free Jazz dazu sagt, gut und schön, aber eigentlich ist es Improvisation.” (Kern im Interview mit Mica)

Es ist auch kein Freejazz. Was ist es? Power Improvisation? Der satte Sound verliert sich nicht in nervige kleinteilige Geräuschfetzen. Es ist etwas Großes, etwas Greifbares. Kern ist ein sehr exakter Drummer, der viel Energie und Kreativität auf die Felle bringt. Es bereitet Freude dabei zuzuschauen wie sich die beiden blind auf der Bühne verstehen.

Kern am Schlagzeug, Quehenberger an den Tasten. Live im MPS-Studio. Foto: © Jens Heid / MPS Studio 2024

Beide sind in der Provinz aufgewachsen aufgewachsen, Kern am Attersee und Quehenberger in Innsbruck. Schon sehr frühe musikalische Sozialisation bei Teenie Quehenberger durch den Vater, Jazz, Techno & Punkrock. Das Gesamte im Blut. Durfte schon als Kind bei Sun Ra Konzerten zugegen sein und im Haus Quehenberger war dann auch mal Cecil Taylor zu Besuch. Für ihn eine prägende Erfahrung.

Ich spiele das, was ich höre. Aber ja, dass man das nicht durchschauen kann oder sagen kann, warum man das irgendwie gut findet . . . Mich hat von klein auf das Free-Jazz-Ding begleitet. Cecil Taylor hat mich sicher beeinflusst. Als ich ein Kind war, hat er auch kurz bei uns gewohnt. Für mich war das die ‘normale‘ Musik. (Quehenberger im Interview mit Mica)

In dieser Zeit ging es für den Schulbuben Quehenberger nach England, wo er die ganze Härte der britischen Subkultur am eigenen Körper miterleben musste. Trotzdem eine gute Schule für die Musik, wenngleich er auch nichts glorifizieren möchte. Zurück in Wien veröffentlichte er seine ersten Alben bei Editition Mego oder Cheap Records, komponierte Tracks die auch von der bekannten Post-Punk Legende Mark Stewart verwendet wurden (Loner). Auch Kern zeigt eine musikalische Sozialisation auf breiter Ebene, von Punk, Techno, Jazz bis Avantgarde. Die Grenzen sind fließend.

Kern am Schlagzeug, Quehenberger an den Tasten. Live im MPS-Studio. Foto: © Jens Heid / MPS Studio 2024

Im Oktober 2023 war es dann soweit, die zwei Herren wurden ins MPS-Studio zu einem Konzert eingeladen und – oh Freude – die Zusage kam prompt. Mit dem Zug von Wien nach Stuttgart, dann kam der MPS-Abholdienst, mit der Deutschen Bahn ist einfach nicht zu rechnen, wenn es darauf ankommt.

Das Konzert wurde in zwei Sets aufgeteilt. Es ist offensichtlich – diese zwei unaufgeregten und eigenwilligen Alpenländer beherrschen ihr Handwerk blind. Ihr Sound entwickelt eine sagenhafte, wahnwitzig-psychedelische-technoide Energie. Was ist das? Ein Genre ist schwer herzubemühen. Ein intensives Beben, dann ein Innehalten und weiter donnert die Maschine und biegt unvorhergesehen ab, bevor sie dann in den Gegenverkehr rast. Frei, brachial, nervös. Quehenberger & Kern kreieren einen signifikanten Sound, ein Gebilde, dem man anmerkt, dass hier schon seit vielen Jahren zusammen musiziert wird. Ein außergewöhnliches Konzert!

Kern & Quehenberger am Galgen, Fuchsfalle bei Triberg/Schwarzwald. Oktober 2023 Foto: © Töni Schifer/MPS-Studio

Am Tag darauf dann gab es für unsere Gäste noch eine kleine Schwarzwaldexkursion durch die dampfenden Täler der Inzucht, in das etwas obskure Furtwangen, wo dafür der beste Käsekuchen der Welt serviert wird. Ebenso stand der Galgen bei der Fuchsfalle, nahe Triberg auf dem Tourismusprogramm. Schließlich gehörte dieser Bereich einmal zu Vorderösterreich.