Anton Steck hat schon viele historische Geigen gespielt, die Stradivari „Back, Josefowitz“ war auch für ihn etwas ganz Besonderes.
Das MPS-Studio hat eine reiche Geschichte mit der Aufnahme von Geigenklängen. Neben Klassikaufnahmen waren es vor allem die namhaften Jazzviolinisten, die in den 60er und 70er Jahren im Schwarzwald vorstellig wurden, Namen wie Jean-Luc Ponty, Don Sugarcane Harris, Stuff Smith, Stephane Grappelli, Didier Lockwood, Zbigniew Seifert, Michal Urbaniak oder Svend Asmussen sind eng mit der Geschichte des SABA-, ab 1968 MPS-Studio in Villingen verbunden. Hier wurden sie aufgenommen und veröffentlicht. Nicht ganz unschuldig daran ist die Tatsache, dass der Vater des MPS-Gründers Hans-Georg Brunner-Schwer selbst ein professioneller Violinist gewesen ist. Fritz Brunner war ein studierter Musiker dessen Freund Herbert von Karajan regelmäßig zu Besuch nach Villingen kam.
DER STRADIVARI MYTHOS TRIFFT AUF DAS TONSTUDIO MIT DEM „MOST PERFECT SOUND”
2024 wurde die historische Stradivari Violine „c.1667 Back, Josefowitz“ aus der Hand der legendären Geigenbauer-Koryphäe Antonio Stradivari aus dem Jahr 1667 im gleichermaßen legendären MPS-Studio Villingen am Rande des Schwarzwalds gesampelt. Damit begegnen sich bei diesem Projekt zwei Größen europäischer Musikgeschichte, wenngleich auch mit einem Zeitabstand von über 300 Jahren. Ein Expertenteam hat den einzigartigen Klang der Geige Note für Note eingespielt und aufgenommen und ist in Kürze als Studiosoftware erhältlich.

Eine Auswahl an Mikrofonen von DS-Audio, die für die Aufnahmen verwendet wurden. (Foto: Tøni Schifer / Monitorpop)
Im Jahr 1667, innerhalb der historischen Mauern von Cremona, der Geburtsstätte des Geigenbaus, wurde eine Legende geboren. Dort, unter den meisterhaften Händen von Antonio Stradivari, wohl dem berühmtesten Geigenbauer aller Zeiten, entstand die Geige, die heute als „Back, Josefowitz“ bekannt ist: ein Instrument von außergewöhnlicher Schönheit und reichem Klang, das im Laufe der Jahrhunderte Teil unzähliger musikalischer Momente wurde. Gefertigt in der Barockzeit, spiegelt die „Back, Josefowitz“ die Geigenbaupraktiken und musikalischen Anforderungen ihrer Zeit wider.
Wie viele andere Instrumente jener Epoche wurde sie im 18. Jahrhundert an die Anforderungen neuer Repertoires und größerer Konzertsäle angepasst und im Laufe ihres Lebens mehrfach modifiziert und restauriert. Heute, mehr als 350 Jahre später, wird diese Geige erneut internationale Zuhörer mit ihrem einzigartigen, ursprünglichen Klang verzaubern.
Im Rahmen eines weltweit wissenschaftlich einzigartigen, ambitionierten Projekts begab sich ein Team aus über 20 Geigenbauexperten auf eine faszinierende Reise in die Vergangenheit. Das Ziel: die „Back, Josefowitz“ in ihren ursprünglichen barocken Zustand zurückzuversetzen. Neben der „Gould“-Stradivari, die im Metropolitan Museum in New York ausgestellt ist, ist die „Back, Josefowitz“ die einzige Stradivari-Geige, die in ihren originalen Barockzustand restauriert wurde.
Das Ziel des Restaurierungsprojekts war ehrgeizig: die Veränderungen der Vergangenheit mit größter Sorgfalt rückgängig zu machen, ohne die einzigartige, ursprüngliche Essenz des Instruments zu stören. Mit akribischer Präzision und Fachwissen widmeten sich die Experten – darunter der Geigenbauer und Barockexperte Johannes Loescher – der Aufgabe, den ursprünglichen Klang dieses Instruments wiederherzustellen. Es ist ein komplexer Prozess, der in jeder Phase dokumentiert wurde und zukünftigen Generationen von Geigenbauern, Solisten und Enthusiasten Einblicke bietet.
Mayumi Hirasaki, Professorin für Barockvioline am renommierten Mozarteum in Salzburg, hat den gesamten Prozess aktiv begleitet und zeigt sich begeistert von den Ergebnissen. Sie analysiert die Veränderung des Klangs im Detail und stellt fest, dass die Geige nach der Restaurierung deutlich freier resoniert, was dem Klang nahekommt, den sie vermutlich im Jahr 1667 hatte. Es ist ein beeindruckender Vergleich, der die hörbare Wiedergeburt der „Josefowitz“ demonstriert.

Die historische Stradivari Violine „c.1667 Back, Josefowitz (© Jost Thöne Verlag)
Die „Back, Josefowitz“ klingt jetzt so, wie sie klang, als sie zum ersten Mal Stradivari aus seinen Händen gab: voller Vitalität, Kraft und emotionaler Tiefe. Dies wird durch Spannungs- und Vibrationsanalysen bestätigt, die von den Experten Andreas Jacobi und Luca Jost durchgeführt wurden.
Tøni Schifer, Vorstand des MPS-Studio e.V. hörte von diesem Projekt und überzeugte die italienische Kunststiftung, Eigentümerin der Geige, dieses Instrument in Villingen im berühmten MPS-Studio sampeln zu lassen um den Klang der einzigartigen Violine auch für andere Studios als Software und musikalisches Gedächtnis der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Nach einem Besuch in Villingen im historischen Studio war man dann von der Idee überzeugt. Schifers Agentur Monitorpop verantwortete bei diesem umfangreichen Projekt nicht nur die Sicherheit des wertvollen Instruments, sondern castete auch das Team für dieses spezielle Unterfangen, sowie die komplette Abwicklung bis zum fertigen Produkt: eine Studiosoftware. So wurde das wertvolle Instrument Ton für Ton vom renommierten Professor der Barockgeige Anton Steck im MPS-Tonstudio eingespielt. Verantwortlich für die Mikrofonierung war Dieter Schöpf von der hochkarätigen Mikrofonmanufaktur “DS-Audio”. Der Tontechniker und Spezialist für Samplingaufnahmen Nicolay Ketterer zeichnete über mehrere Tage die historischen Klänge auf und zeigte nicht nur die nötige Geduld für ein derartig ambitioniertes Projekt, sondern überzeugte auch durch sein sehr feines Gehör. Über den Termin der Aufnahme wurde Stillschweigen vereinbart. Die Programmierung der Aufnahmen wurde von Robin Mussmann durchgeführt. Die visuelle Umsetzung der Programmierungsgrafik gestaltete Tøni Schifer / Monitorpop. Der Verein MPS-Studio e.V. konnte durch die Mieteinnahmen Bereiche seiner laufenden Kosten finanzieren. Ein sehr gelungenes Projekt für alle Beteiligten, ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des MPS-Studios und eine tolle, harmonische Teamarbeit mit einem hohen Spaßfaktor.

Nicolay Ketterer, Dieter Schöpf und Anton Steck mit Stradivari Violine im MPS-Studio (Foto © Tøni Schifer / Monitorpop)
Während die „c.1667 Back, Josefowitz“ als Dauerleihgabe an den Wirkungsort Stradivaris zurückkehrt und im „Muso del Violino“ in Cremona ausgestellt wird kann man nun in Kürze das Instrument virtuell zum Leben erwecken. Sobald die Software erhältlich ist, werden wir darüber berichten.